Verordnete Kirchgelderhöhung

Gemeindekirchenratssitzung zur Festlegung des neuen Haushaltsplans: Bei einer kleinen Gemeinde wie der unsrigen kein Thema, das zu größeren Debatten einlädt. So ging die Besprechung problemlos über die Bühne, bis wir beim letzten Punkt ankamen, der Kirchgelderhöhung. Dazu muss ich einige erklärende Worte vorwegschicken:

In der DDR gab es keine Kirchensteuer. Die Finanzierung der Kirchgemeinden wurde daher über das Kirchgeld geregelt, das die Gemeinde direkt bei den Mitgliedern einsammelte. Nach der Wende kam die Kirchensteuer – das Kirchgeld aber blieb. Dies verärgerte viele Kirchenmitglieder und führte auch zu Austritten. Für die Gemeinden ist das Kirchgeld allerdings eine wichtige und nützliche Sache weil es Geld ist, das vor Ort frei verwendet werden kann: für das Bastelmaterial beim Kinderfest, einen Zuschuss zur Freizeit, den Druck des Gemeindebriefs oder kleinere Reparaturen. Die Höhe des Kirchgelds wird nach den Empfehlungen der Landeskirche von den Kirchgemeinden festgesetzt. (Hierzu eine Erklärung der EKM)

Nun schlossen sich 2009 die Thüringer Landeskirche und die Kirchenprovinz Sachsen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) zusammen. Ein Schritt, von dem man sich viel versprach, zum Beispiel jede Menge Einsparungen, der allerdings auch mit viel Bürokratie verbunden ist. Alles muss vereinheitlicht werden, auch das Kirchgeld. In Thüringen waren bisher 24 Euro pro erwachsenem Mitglied zu zahlen, in der Kirchenprovinz dagegen liegt der Beitrag bei 42 Euro. Man hätte sich ja nun auf einen Mittelwert einigen können, aber nein, die Synode beschloss (angeblich nicht ohne Proteste) den höheren Betrag.

Man könnte meinen, die Gemeinden erhielten nun eine Mitteilung aus der hervorgeht, dass das Kirchgeld ab 2010 auf Beschluss der Synode auf 42 Euro erhöht wurde. Offensichtlich gehört eine solche Entscheidung jedoch zu den Befugnissen der Gemeindekirchenräte. An sich ist das auch sinnvoll, denn wer wäre besser in der Lage, die finanzielle Situation der Mitglieder der örtlichen Gemeinde einzuschätzen? Natürlich gibt es in jeder Gemeinde Menschen, die freiwillig mehr zahlen, als verlangt wird. Bei dieser Entscheidung geht es jedoch um einen Mindestsatz, ergänzt um eine Staffelung für Leute mit einem Einkommen unter 1000 Euro (als ob die Gemeindeglieder dem Pfarrer oder den Kirchenältesten ihre Einkommensverhältnisse offenlegen wollten). In unserer Gemeinde ist es so, dass die Leute momentan ohnehin verärgert sind. Die Friedhöfe gingen von der Kirchgemeinde an die politische Gemeinde, wodurch die Gebühren stark angestiegen sind. Wir Gemeindekirchenältesten hätten also gerne davon abgesehen, das Kirchgeld auch noch zu erhöhen. Außerdem handelt es sich fast um eine Verdoppelung. Der Protest ist also vorhersehbar. Und wer bekommt den Unmut ab? Natürlich nicht die Landeskirche, sondern die Menschen vor Ort, der Pfarrer und die Kirchenältesten. Schlimm genug, wenn wir einen Beschluss von oben überbringen müssten. Aber nein, WIR sollen es ja selber beschließen!

Nun werden sich vermutlich viele Leser fragen, warum ein solcher Beschluss dann eben einfach nicht gefasst wird. Ein naheliegender Gedanke! Dem Haushaltsentwurf lag allerdings bereits ein Blatt über die Erhöhung des Kirchgeldes auf 42 Euro bei, das nur noch zu unterschreiben war. Ohne dieses Blatt sei der Haushalt nicht vollständig, das war schon übermittelt worden. Und einer Gemeinde, die den Beschluss bereits verweigert hat, wurde mitgeteilt, dass sie keine Sachkostenzuschüsse und Fördermittel mehr bekommt. Welche Gemeinde kann sich das leisten? Die Kirchensanierung in einem unserer Orte müsste umgehend eingestellt werden.

Man kann natürlich argumentieren, dass es das gute Recht der Kirche ist dafür zu sorgen, dass, angesichts knapper Kassen, die Gemeinden so viel wie möglich beitragen. Das ist richtig. Es ist aber schon so, dass, gerade für Sanierungsmaßnahmen, viele Spenden gesammelt werden. SPENDEN, die die Leute freiwillig geben, weil ihnen die Sache wichtig ist. Das liegt auf einer ganz anderen Ebene als erzwungene Beiträge. Die führen eher zu einem Rückgang der Spenden oder sogar Austritten.

Was mich aber vor allem stört, ist die Aushebelung demokratischer Grundsätze. Entweder ist die Höhe des Kirchgeldes etwas, was in den Gemeinden beschlossen wird. Dann darf diese Entscheidung nicht durch Finanzkürzungen beeinflusst werden. Das hat mit Demokratie nichts mehr zu tun! Oder es ist eine Entscheidung der Landeskirche. Dann soll die EKM sie auch als solche übermitteln!

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