Vom Glück mit Büchern zu leben

Dies ist wieder eine Rezension für Blogg dein Buch.

Bücher. Für mich und viele meiner Blogleser ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens. Trotzdem hat natürlich jeder eine andere Beziehung zu Büchern, andere Vorlieben, andere Wünsche. Stefanie von Wietersheim und Claudia von Boch haben 20 mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten besucht, sie zusammen mit ihren Büchern und an ihren liebsten Leseplätzen fotografiert und sich erzählen lassen, was für sie die Faszination Buch ausmacht: Felicitas von Lovenberg, Christine Gräfin von Brühl & Schrat, Johanna Rachinger, Ildikó von Kürthy, Alexander Fürst von Schaumburg-Lippe, Necla Kelek, Florian Langenscheidt, Bianca Bernheimer, Prinz Asta-Wossen Asserate, Regina Moths, Folke Tegethoff, Mafalda Prinzessin von Hessen, Oliver Jahn, Sibylle Canonica, Vitalie Taittinger, Albrecht Mayer, Ivo Wessel, Gerhard Steidel, Barbara Schöneberger und Wolfram Siebeck.

Dabei ist ein begeisterndes Buch entstanden, bei dem alles stimmt.

Die wunderschönen Fotos von (meist) tollen Bibliotheken machen einfach Spaß. Da kann manchmal schon ein wenig Neid aufkommen angesichts hoher Räume, riesiger Regale, altehrwürdiger und vor allem vieler Bücher. Erstaunlich ist, wie unterschiedlich der Umgang mit den geliebten Büchern ist. Die meisten stellen sie in Regale und/oder stapeln sie auf dem Boden, aber Vitalie Taittinger meint, sie bräuchten Luft zum atmen. Der Anblick der Bibliothek von Oliver Jahn hat mich zunächst geschockt, weil die Bücher mit dem Buchschnitt nach vorne aufbewahrt werden. Wie beruhigend, dass sie nur nach einem Umzug noch nicht wieder eingeräumt werden konnten, weil noch Regale fehlen!

Die wunderschöne Typografie macht das Durchblättern zum Vergnügen. Besonders die Initialen der Interviewten zu Beginn der Kapitel machen das Anschauen zum Vergnügen, aber auch die Art und Weise, wie Zitate hervorgehoben werden.

Der wichtigste Teil bleibt dennoch der Text. Es ist hoch interessant zu erfahren, wie diese Menschen mit ihren sehr unterschiedlichen Hintergründen dazu kamen, Bücher zu lieben. Manche sind in Buchfamilien groß geworden wie Florian Langenscheidt, anderen halfen Bücher über Fremdheit und Einsamkeit hinweg wie Necla Kelek, fast alle liebten und lieben es, mit ihrer Hilfe in andere Welten zu verschwinden. Es handelt sich kaum um durchschnittliche Leser, die meisten sind aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Werdegangs ziemlich privilegiert. Aber deswegen besitzen sie ja auch diese schönen Bibliotheken!

Mit viel Freude habe ich auch die Berichte über die Entwicklung der Lektüre gelesen: Was liebten sie als Kinder, was als Jugendliche, was in der rebellischen Jugendzeit, während des Studiums und später als Erwachsene. In manchem Bericht konnte ich mich wiederfinden. Die Interviewten berichten natürlich auch über ihre aktuelle Beziehung zu Büchern, die bei vielen ja auch eine berufliche ist, weil sie Bücher schreiben, rezensieren, verlegen, drucken, verkaufen oder eine Bibliothek leiten. Sie verraten, wo sie am liebsten lesen. Die meisten wollen es gemütlich und lesen auf dem Sofa oder auch im Bett. Felicitas von Lovenberg dagegen liest aufrecht am Tisch, denn, wie sie meint:

Großartige Literatur kann man nicht im Bett im Pyjama lesen. Auch nicht mit ungeputzten Zähnen.

Dem stimme ich persönlich nicht zu. Aus meiner Sicht ist das Wunderbare an guten Büchern, dass man mit ihnen die Welt um sich herum vergessen kann: Traurigkeit, Sorgen, Hunger, Kälte. Und diese Meinung teile ich scheinbar mit den meisten der Befragten.

Zum Abschluss wurden allen Interviewten noch einige identische Fragen gestellt, nach dem schönsten ersten und letzten Satz; einem Buch, das ihr Leben verändert hat; einem Buch, das sie einmal gerettet hat; einem Buch für Stunden der Melancholie; einem Klassiker, der sie zu Tode langweilt; einem Buch, das derjenige gerne selbst geschrieben hätte und nach dem Buch, das gerade auf dem Nachttisch liegt. Einige der Antworten haben mich sehr überrascht. Auch finde ich es erstaunlich, dass fast alle einen ersten und letzten Satz parat haben. Aber vermutlich haben manche ein paar ihrer Lieblingsbücher zur Hand genommen und nachgelesen, bis sie etwas Schönes gefunden haben – so würde ich es jedenfalls machen. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, diese Fragen demnächst einmal für mich zu beantworten.

Es ist erstaunlich, wie viel man über einen Menschen erfahren kann, obwohl nur über ein Thema gesprochen wird.

Etliche der erwähnten Bücher habe ich gleich auf meine Leseliste übernommen. Ich habe also nicht nur interessante Menschen, ihre Lebens- und Lesegeschichten kenengelernt, sondern außerdem wertvolle Lesetipps erhalten.

Ein rundum empfehlenswertes Buch, das ich sicherlich immer wieder einmal zur Hand nehmen werde, wenn ich etwas „fürs Leserherz“ brauche. Nur eine kleine Kritik an den Verlag: Warum hat solch ein liebevoll gemachter Text- und Bildband kein Lesebändchen?

Stefanie von Wietersheim (Text), Claudia von Boch (Fotos): Vom Glück mit Büchern zu leben. Callwey 2012. 192 Seiten, Euro 29,95, ISBN 978-3-7667-1934-8.

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