Zu Besuch im Gefängnis. Besichtigung der neuen Jugendjustizvollzuganstalt Arnstadt

Wann kann man schon mal ein Gefängnis besichtigen? Aufgrund der Sicherheitsvorschriften ist das normalerweise nur wenigen möglich.

Bevor das neue Jugendgefängnis in Arnstadt seinen Betrieb aufnimmt, boten zwei Tage der offenen Tür allen Interessierten die Möglichkeit, sich dort einmal umzuschauen. Sehr, sehr viele nahmen dieses Angebot wahr (laut Thüringer Allgemeine Zeitung 14.000!). Der Parkplatz ist auf solche Massen nicht eingestellt, weshalb am Stadtrand ein Parkplatz mit Shuttlebusservice eingerichtet worden war. Aber auch alle Feldwege waren zugeparkt. Wegen der langen Warteschlange am Bus entschlossen wir uns, zu Fuß zu gehen, keine schlaue Entscheidung. Es regnete in Strömen, sodass wir patschnass waren, als wir an der JVA ankamen.

Zumindest fügt sich der Bau bei diesem Wetter unauffällig in die Landschaft ein.

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Zunächst schauten wir uns die Sportanlagen an. Ein Sportplatz mit Laufbahn und eine kleine Turnhalle mit Fitnessraum. Im Hintergrund Gewächshäuser für die zukünftigen Gärtner.

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Zwischen den Zellentrakten gibt es noch an zwei Stellen kleinere Hartplätze mit Baseballkörben, Volleyballbnetzen und kleinen Toren, daneben Tischtennisplatten, Schach und eine Reckstange.

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Nichts Extravagantes, dennoch beschwerten sich einige Besucher, dass dafür so viel Geld ausgegeben wurden, viele Schulen würden sich solch eine Turnhalle wünschen. Das ist zwar richtig, aber man hat ja nicht ohne Grund eine neue JVA gebaut – die Zustände in der alten sind wohl unhaltbar. Während des Rundgangs haben wir erfahren, dass die Rückfallquote bei den Jugendlichen bei 60 bis 70 Prozent liegt. Da scheint es mir doch sinnvoll, Verhältnisse zu schaffen, die es ihnen ermöglichen, wieder in ein normales Leben zurückzufinden.

Dafür ist es sicherlich besonders wichtig, einen Schulabschluss nachzuholen oder eine Ausbildung zu machen. Gut ausgestattete Werkstätten und Unterrichtsräume sollen dies ermöglichen. Am Ende schaffen es nach Auskunft eines Mitarbeiters aber meist nur diejenigen, die nicht wieder in ihr altes Umfeld zurückkehren. Falls die Strafe abgesessen ist, bevor die Ausbildung abgeschlossen ist, werden „draußen“ Ausbildungsbetriebe gesucht, damit es nahtlos weitergehen kann. Viele müssen jedoch zuerst einmal lernen, sich in einen geregelten Tagesablauf einzufügen. Nun, da bleibt ihnen hier nichts anderes übrig.

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Für Momente konnte man den Eindruck bekommen, so ein Gefängnisaufenthalt wäre gar nicht so schlimm. Das hatte aber sicherlich auch damit zu tun, dass überall so viele Menschen  herumliefen und die Türen offen standen. Doch überall waren Zaun, Stacheldraht und die sechs Meter hohe Mauer zu sehen. Auch innerhalb des Geländes trennen Zäune die verschiedenen Trakte ab.

JVA_Arnstadt_Zaun

Spätestens, wenn man sich die Zellen anschaut, in denen die Jugendlichen täglich viele Stunden eingeschlossen sind, wird einem klar, dass ein Gefängnisaufenthalt kein Spaß ist. Nicht, dass ich das jemals gedacht hätte, aber angesichts von Baukosten in Höhe von 80 Millionen Euro war im Vorfeld und bei manchen Besuchern doch manchmal die Rede von Luxus. Das Schwimmbad, von dem gelegentlich zu hören war, gibt es übrigens nicht.

Hier eine Einzelzelle (Boden und Matratze sind nass, weil fast alle Besucher tropften). Weiter vorne ist noch ein kleines Waschbecken, die Tür führt zur Toilette :

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Die Doppelzellen sind nicht sehr viel größer. In ihnen steht ein Stockbett, dazu zwei kleine Schreibtische. Das Waschbecken ist hier nicht im Raum, sondern nebenan in der Toilette. In einem Flügel befinden sich jeweils einige Zellen (vielleicht 10 oder 12, ich habe sie nicht gezählt), ein Duschraum, eine Teeküche. An einer breiteren Stelle des Flurs stehen einige Tische und ein Fernseher.

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Am Ende des Flurs dann ein Überwachungsraum mit großer Glasscheibe zum Flur (durch die ich das Foto gemacht habe):

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Ein mulmiges Gefühl hatte ich auch in dem Trakt, in dem die Haftkarriere wohl beginnt: schmale Gänge, Warteraum, Räume für die Durchsuchung und Ausgabe der Wäsche. Was schmerzte war der Anblick eines kleinen Kindertischs im Besucherraum.

Mein Sohn wollte wissen, warum es eigentlich keine Wachtürme gibt. Er unterhielt sich mit einem der Mitarbeiter, der ihm erklärte, dass es in der JVA überhaupt keine Waffen gibt. Das sei viel zu gefährlich, da die Häftlinge sie stehlen könnten. Würde jemand ausbrechen, müsste die Polizei gerufen werden. Faktisch passiere das aber nicht, es wäre viel zu kompliziert auszubrechen. Eher käme jemand von einem Freigang nicht zurück.

Für uns war es sehr interessant, einmal Einblick in das Gefängnis zu bekommen, in das ab nächster Woche bis zu 280 Jugendliche einziehen werden, um ihre Haft zu verbüßen.

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