Sandra McKee: Hundert Leben auf Papier

Henry Stone (wenn er denn wirklich so heißen sollte) ist Agent. Aber nicht so ein Klischee-Agent wie James Bond und ganz bestimmt nicht vom FBI. Er ist Veganer und passt auch sonst nicht in die Vorstellung, die man sich von Agenten allgemein macht. Und doch ist er ein knallharter Typ, der möglichst wenig Emotionen an sich heranlässt. Doch dann wird in Venedig der Mann ermordet, den er beschatten soll. Aus einem ihm nicht nachvollziehbaren Grund scheint die Organisation der Meinung zu sein, dass er in die Angelegenheit verwickelt ist. Auf der Suche nach Hinweisen zu den Hintergründen stößt er auf die junge amerikanische Journalistin Olivia Jones, die offensichtlich auch ins Fadenkreuz geraten ist. Statt sie einfach loszuwerden, nimmt er sie mit. Zunächst, um weitere Informationen aus ihr herauszubekommen. Später entwickelt er tatsächlich Gefühle für sie. Doch für so etwas ist keine Zeit, beider Leben ist in Gefahr …

Ich war überrascht von diesem sehr ungewöhnlichen Agentenroman. Eigentlich ist es mehr ein Psychogram von Henry Stone. Ein ungewöhnlicher Mann, den der Leser nach und nach sehr genau kennenlernt. Sicher, die Handlung ist sehr spannend und sie hat auch alle Elemente, die solch ein Buch braucht: Gefahr, Fluchten, Verfolgungsjagden, etliche Todesfälle, Brutalität und Gewalt, aber vor allem einen Fall, der geklärt werden muss. Wer ist wirklich unschuldig? Wirkt Olivia nur so brav, oder ist sie ins Geschehen verstrickt? Wer sind die Hintermänner? Dies muss Henry aufklären, um seine Position in seinem Geheimdienst zu retten oder sogar sein Leben. Und doch kann er es sich nicht verkneifen, immer wieder gegen die Regeln zu verstoßen. Ein faszinierender Mann! Die Geschichte wird aus vier verschiedenen Blickwinkeln erzählt, vor allem von Henry Stone und Olivia Jones. Doch auch Henrys Freund Victor und am Ende sein Chef bringen ihre Sicht der Dinge ein. Dies macht den Roman noch facettenreicher und ermöglicht es, dass der Leser Dinge erfährt, die Henry nicht weiß oder nicht erzählen würde. Die Charaktere, insbesondere Henry, sind gut herausgearbeitet, die Handlung ist durch verschiedene überraschende Wendungen meist nicht vorhersehbar, das Ende war vollkommen unerwartet für mich.

Wer einen intelligenten, fesselnden, ungewöhnlichen und gut geschriebenen Spionageroman lesen möchte, aber vor brutalen Szenen nicht zurückschreckt, kann mit diesem Buch nichts verkehrt machen.

Cover_McKee_HundertLeben

Sandra McKee: Hundert Leben auf Papier. telescope 2014. 200 Seiten, Euro 11,99, ISBN 978-3-941139-29-9.

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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

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