Mein erstes Auto

Bestimmt nicht 08/15

Mein erstes Auto war etwas ganz Besonderes. Es war ein Polo undefinierbarer Farbe. Sie sah aus wie Orange, das eine ordentliche Portion Matsch abbekommen hat. Auf der Zulassungsstelle schwankte ich lange, ob ich Orange oder Braun ankreuzen sollte.

Auto mit Fußwaschfunktion

Der Polo hatte älteren Leuten gehört und war ein Garagenwagen. Vermutlich wurde er nur bei schönem Wetter gefahren, denn wie sich schnell herausstellte, war er nicht wasserdicht. Dass bei heftigem Regen das Handschuhfach voll Wasser lief, bemerkte ich, als ich an einem Regentag ein Geburtstagsgeschenk darin verstaute und nach der Ankunft triefendnass wieder herausholte. Leider lief auch der Fußraum voll Wasser. Ich nahm jeden Morgen vier Freundinnen mit in die Schule, sodass das Auto immer voll besetzt war. Meistens war nur der Teppich nass, aber wenn es schüttete, schwappte das Wasser durchs Auto. 18 Kilometer durchs Mittelgebirge – fuhren wir bergauf, kreischten die Mädchen hinten und hoben schnell die Füße. Fuhren wir bergab, kreischte meine Beifahrerin. Diejenige, die am meisten Grund gehabt hätte, sich zu beschweren, war jedoch ich. Meine Füße mussten auf den Pedalen bleiben.

Glatteis im Fußraum

Dann kam der Winter. Die Zeitungen, die ich zum Trocknen in den Fußraum gelegt hatte, froren fest. Glatteis im Auto, eine rutschige Angelegenheit. Eines Abends feierte ein Klassenkamerad seinen Geburtstag. Als wir nachts alle zu unseren Autos gingen, bekam ich meine Tür nicht auf. Zum Glück waren noch ein paar andere Schüler da, die mir helfen konnten. Bereitwillig zog und zerrte einer nach dem anderen, aber die Tür war und blieb festgefroren. Schließlich hatte einer die Idee, dass ich ja durch die Heckklappe einsteigen könnte. Bis zu Hause würde die Tür aufgetaut sein. Gesagt, getan. Ich kletterte ins Auto, die anderen schlossen die Heckklappe.

Heizungen sind überbewertet!

Die Heizung war allerdings auch so eine Sache für sich. Sie glich mehr einem lauen Lüftchen. Außerdem war der Riegel abgebrochen, sodass ich sie nur verstellen konnte, indem ich die Motorhaube öffnete und den Riegel verschob. Aber an solch einem kalten Tag lief sie natürlich mit voller Leistung. Doch leider, leider reichte es nicht. Ich saß im Auto vor unserer Haustür und bekam die Tür nicht auf. Nachts um 2. Die Heckklappe lässt sich von innen nicht öffnen, wie ich feststellen musste. Sollte ich hupen? Das Schlafzimmer meiner Eltern liegt zum Garten. Vermutlich hätte ich das halbe Dorf geweckt, bevor sie wachgeworden wären. Schließlich hatte ich die rettende Idee: Ich kurbelte das Fenster herunter, schlängelte mich heraus, stieg durch die Heckklappe wieder hinein, kurbelte das Fenster hoch, kletterte wieder hinaus und war nach dieser gymnastischen Übung wirklich reif fürs Bett.

Tür zu!

Am nächsten Morgen war leider kein Wochenende, sondern ein Schultag. Abgesehen davon, dass ich müde war, war es immer noch klirrend kalt, sodass sich an der Situation nichts geändert hatte. S. und S., die immer zu mir nach Hause kamen, kletterten amüsiert mit mir hinein, meine Mutter schloss die Heckklappe. An der nächsten Ecke hatten wir einige Mühe, S. (ja, ehrlich, ich kann auch nichts dafür) zu erklären, was los ist und was sie nun tun muss. Irgendwie bekam sie zum Glück die Heckklappe von innen zu.Weiter ging es in den Nachbarort. Dort wartete P. an der Bushaltestelle. Normalerweise war der Bus schon durch, wenn wir kamen, aber an diesem Morgen hatte er Verspätung (bestimmt war irgendwas eingefroren). An der Bushaltestelle drängten sich also die Menschen. Zum Glück war P. nicht nur zierlich, sondern auch sehr gelenkig. Im Kofferraum befanden sich all unsere Schultaschen, auf der Rückbank saßen schon zwei Schülerinnen. Irgendwie musste sie dazwischenkommen, was sie erstaunlicherweise schaffte. Wir anderen lachten inzwischen Tränen und auch die Wartenden an der Bushaltestelle hatten ihren Spaß. Auf den folgenden Kilometern konnten wir uns etwas erholen, denn es schwappte definitiv kein Wasser hin und her.

Natürlich waren die Türen immer noch nicht aufgetaut, als wir an der Schule ankamen. Unsere Lust, durchs Fenster zu steigen, war extrem gering, zumal wegen der danebenstehenden Autos wenig Platz war. Also warteten wir auf einen Passanten. Klar, dass der erste ein Lehrer war. Auf unsere Bitte öffnete er die Heckklappe und amüsierte sich köstlich, als fünf Schülerinen aus dem Auto geklettert kamen, ebenso wie alle anderen Leute auf dem Parkplatz.

Fest im Gedächtnis verankert

Als ich vor einiger Zeit eine der drei S. traf, war das Erste, was sie sagte: „Es war immer lustig, mit dir zur Schule zu fahren!“

Erzählt doch mal, habt ihr auch so lustige oder ungewöhnliche Dinge mit eurem ersten Auto erlebt?

Edit: Hier geht es zu Brittas Bericht über ihr erstes Auto.

6 Replies to “Mein erstes Auto”

  1. Blauer Polo Baujahr 82, mit Choke. Bekam meine Mutter, als ich sechs war, aus Dänemark reimportiert, das war irgendwie billiger. Und schon damals sagte sie: Wenn ihr 18 seid, könnt ihr dann damit fahren. So kam es dann auch, allerdings war ich ja fast nie zu Hause und benutzte ihn dann nur in den Ferien.

  2. Grauer Fiat 707 yax – etwas groesser wie der Fiat 500. Gleich am ersten Tag in einer Kurve umgefallen und 500 meter auf der Seite weitergeruscht. Sah furchtbar aus, ansonsten nichts passiert. Zuhause dicht an einer Hecke parkiert damitmein Vater esnicht sah aber der hatte das durch.Am naechsten Tag fuhr er mit dem Ding zur Arbeit und gab der Werkstatt von der Deutschen Bundespost in Koeln den Auftrag sich des Autos anzunehmen, er war ja der Chef.
    Zurueck bekam ich einen wunderschoenen wie neu aussehenden postgelben Fiat mit dem ich noch Jahre gefahren bin. Einziger Nachteil war dass ich immer eine Jerrycan Oel mitnehmen musste um die Karre um die paar Kilometer beizufuellen.

    was Du beschreibst passierte mir 10 Jahre spaeter mit einem 2nd hand Mercedes den ich via eine Familienbekannten kaufte der spaeter verurteilt wurde wegen Betruges aller Arten und seine Garage schliessen muesste.

  3. Ich hatte mein erstes Auto erst spät, da war ich schon Anfang dreißig. Vorher hatte ich beruflich Wagen von Sendern gefahren und privat brauchte ich keins. Dann aber ganz plötzlich, weil ich eine freie Stelle hatte, für die ich einen Wagen brauchte. Ich habe mir für 1500 Mark einen silbergrauen Opel Corsa gekauft. Kurz darauf wurde er gleich geklaut, weil man ihn so leicht knacken konnte. Eine Woche lang hat ein Typ drin gewohnt, der mit seiner Frau Stress hatte und abgehauen ist – offenbar nicht der koscherste Geselle. Danach war … Ach, ich glaub, ich schreib das mal in meinem Blog auf und verlinke hierher. Das wird länger und ich kann ein Foto dazu tun 🙂

    Das mit dem Wasser in deinem Auto klingt übrigens danach, als sei die Regenrinne unter der Windschutzscheibe verstopft gewesen. Vermutlich hätte man das Problem relativ einfach lösen können, zumindest etwas minimieren. Aber das ist ja jetzt zu spät 🙂

    • Regenrinne? Auf die Idee ist niemand gekommen. Aber später wurde mir das Auto von einem Kfz-Mechaniker abgekauft, der es für seine Tochter zurechtmachen wollte. Und als ich sagte, es sei nass, hat er nicht mal gezuckt. Das spricht dafür, dass er auch kein allzu großes Problem darin sah. Ich war natürlich nie in der Werkstatt deswegen, das hätte ja Geld gekostet.
      Ich bin gespannt auf deinen Bericht.

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