Birgid Hanke: „Es muss stimmen“ – Die Kostümbildnerin Ingrid Zoré

Ingrid Zoré –Eine Künstlerin hinter den Kulissen der Filmsets

1936 geboren, im Krieg aufgewachsen, wollte Ingrid Zoré zunächst Innenarchtektin werden. Da dazu eine Schreinerlehre erforderlich gewesen wäre, lehnte ihr Vater das ab. So kam sie auf dem Umweg über eine Schneiderlehre an die Hochschule für Bildende Künste, wo sie zunächst Mode, dann zusätzlich auch Bühnenbild studierte. Eine Ausbildungsmöglichkeit für Kostümbildner gab es nicht. Sie musste sich das Studium durch Schneiderarbeiten finanzieren, hatte aber den unbedingten Willen, das zu schaffen. Von 1961 arbeitete sie an Film- und später auch Fernsehproduktionen mit und sorgte dafür, dass die Kleider der Schauspieler perfekt in die Zeit und zu ihrer Rolle passten. Akribisch achtete sie darauf, dass keine Fehler den Gesamteindruck verderben konnten. Darauf, dass alles stimmt, kam es ihr an.

„Ich musste ihn überzeugen, dass sein Vorschlag nicht geht. Eingesehen hat er das aber erst, als ich auf den Tisch geschlagen und ihn gefragt habe: ‚Wer macht hier die Kostüme? Sie oder ich?‘ (…) Aber ihm hat gefallen, dass ich mich gewehrt habe. Ich sehe noch sein Grinsen vor mir. Damit hatte ich für alle Zeiten sein großes Vertrauen erworben.“

Dabei hatte sie mit vielen bekannten Schauspielern zu tun, z. B. Harald Juhnke (der sie „die Zorres“ nannte, nachdem sie sich mit ihm angelegt hatte), Lilli Palmer, Uschi Glas, Walter Giller, Nadja Tiller, Theo Lingen, Maria Schell, Erika Pluhar, Brigitte Mira, Götz George, Liselotte Pulver, Heinz Rühmann, Romy Schneider, Michel Piccoli, Mario Adorf, Hannelore Elsner, Heinz Erhardt, Margarethe von Trotta, Matthias Habich, Matthieu Carriere, Hanna Schygulla, Isabel Adjani, Kim Novak, Veronica Ferres, Jan-Josef Liefers und Regisseuren wie Volker Schlöndorff, Horst Wendlandt und Andrzej Wajda.

Viele Filme oder Serien, die von ihr ausgestattet worden sind, kenne ich: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung, Die Feuerzangenbowle (Neuverfilmung), Unser Willi ist der Beste, Willi wird das Kind schon schaukeln, Der Fangschuss, Grete Minde, Die drei Damen vom Grill (15 Jahre lang), Schöner Gigolo, armer Gigolo, Der eiserne Gustav, Die Spaziergängerin von Sans-Souci, Für’n Groschen Brause, Eine Liebe in Deutschland, Don Carlos, Infant von Spanien, Reise ohne Wiederkehr, Der Hauptmann von Köpenick, Das Wunder von Lengede, Die Frau vom Checkpoint Charlie. Und wahrscheinlich kenne ich sogar noch mehr, nur sind mir die Titel nicht geläufig. Wie Ingrid Zoré sagt, hat sie auch etliche „Schmonzetten“ ausgestattet, aber schließlich musste sie Geld verdienen.

Wenn ich einen Vertrag abgeschlossen und ein Drehbuch in der Hand hatte, galt für mich nur noch eins: Wie ziehe ich die Schauspieler richtig an?

50 Jahre Filmgeschichte

Das Buch ist nicht nur eine Biografie der Kostümbildnerin Ingrid Zoré, sondern auch ein interessanter Einblick in 50 Jahre Filmemacherei in der Bundesrepublik. Die Leser erhalten manchen Einblick in das Geschehen hinter den Kulissen und erfahren manches Anekdötchen über die Schauspieler. Besonders fesselnd fand ich es, wenn Zoré berichtet, was schiefgegangen ist und wie dann improvisiert wurde. Auch einige der Schauspieler kommen zu Wort und erzählen, wie sie die Zusammenarbeit mit der Kostümbilderin erlebten. Sie alle nahmen sie als absoluten Profi wahr. Besonders für Filmschaffende ist sicher auch interessant, wenn sie erzählt, worauf es bei ihrer Arbeit ankommt, worauf sie achtet, wie sie vorgeht.

Das Buch wird durch Figurinen illustriert, das sind Zeichnungen, die Zoré von verschiedenen Kostümen angefertigt hat. Dazu wurde meist ein Stück des zu verwendenden Stoffs geheftet. Außerdem zeigen Filmbilder die von ihr entworfenen Kostüme, Bilder aus ihrem privaten Fundus zeigen Zoré bei Dreharbeiten mit bekannten Schauspielern. Im Fußbereich sind chronologisch all die Filme aufgeführt, an denen Zoré mitgewirkt hat – allein das eine interessante Lektüre.In der Mitte des Buches befindet sich ein aufklappbares Panoramabild, das etliche noch existierende Kostüme zeigt.

Ich bin keine Kennerin der Filmszene oder gar der Filmhistorie, aber ich fand dieses Buch überaus spannend zu lesen. Ingrid Zoré ist eine interessante Frau mit einem interessanten Beruf, die erfolgreich gegen manche Widrigkeit kämpfte und heute einiges zu erzählen hat.

Es muss stimmen ist ein sogenanntes „Multiple“, das heißt, dass es nicht nur das vorgestellte Buch gibt, sondern noch weitere Materialien dazugehören. In diesem Fall ist das ein großformatiger schwarzer Karton, der 30 Kunstdrucke der von Zoré gezeichneten Figurinen und Fotos noch existierender Kostüme enthält. Ich hatte Gelegenheit, mir das anzusehen und ich muss sagen, dass es wirklich beeindruckend ist. Man erhält noch einmal einen ganz anderen Eindruck, als ihn die deutlich kleineren Abbildungen im Buch vermitteln können. Hier schildert die Autorin die Entstehung des Projekts.

Fazit: Eine Biografie einer interessanten Frau, die nicht nur für Film- und Fernsehfans interessant ist, aber natürlich besonders für alle, die sich mit Kostümen und ihrer Geschichte befassen.

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Birgid Hanke: „Es muss stimmen“ – Die Kostümbildnerin Ingrid Zoré, edition Linie, 70 Seiten, Euro 25,00, ISBN 978-3-00-052167-6, das Mulitple kostet Euro 150,00.

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Ich danke der Autorin für das Rezensionsexemplar.

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