Margaret D. Lowman: Die Frau in den Bäumen. Eine Biologin erforscht das Leben in den Baumkronen

Inspirierende Lektüre

Vor gut 10 Jahren empfahl mir eine befreundete Doktorandin das Buch „Die Frau in den Bäumen“. Damals las ich es aus dem Blickwinkel einer Doktorandin, die, wie die Autorin, damit kämpft, Familie und wissenschaftliche Laufbahn unter einen Hut zu bringen. Es war für mich eine Inspirations- und Motivationsquelle, ein Buch, an das ich mich häufig erinnerte. Mit einem Satz konnte ich mich damals besonders identifizieren: „Ich habe mich manchmal gefragt, ob mein Bewusstsein wohl in zwei Hälften gespalten sei, von denen die eine sich mit einer wissenschaftlichen Aufgabe auseinandersetzte, während die andere sich um den Nachwuchs kümmerte.“ (S. 136)

Vor einiger Zeit wurde ich nach einem Buch gefragt, das mich wirklich beeinflusst hat. Obwohl die wissenschaftliche Laufbahn längst abgehakt ist,  erinnerte ich mich sofort an Lowman und hatte Lust, das Buch erneut zu lesen. Ich war gespannt, ob es mich auch ohne die Parallele der Lebenssituation fesseln würde. Um es vorweg zu nehmen: das hat es!

Zwischen Wissenschaft und Familie

In „Die Frau in den Bäumen“ beschreibt Margaret D. Lowmann ihren Weg von der Studentin der Biologie bis zur renommierten Baumkronenforscherin. Nach ihrem Studium in den USA und einem Stipendium in Schottland erhielt sie ein Stipendium für Australien. Begeistert machte sie sich dort an die Arbeit, die Kronen der riesigen Regenwaldbäume zu untersuchen, ein Thema, mit dem sich bis dahin niemand beschäftigt hatte, beispielsweise war in den 80er Jahren noch völlig unbekannt, wie die Entwicklung der Blätter im Vergleich mit denen der Bäume in den Wäldern der gemäßigten Zone verläuft. Es stellte sich heraus, dass einzelne Blätter eine Lebensdauer von 12 Jahren haben – mit allen Auswirkungen, die solche Zeiträume auf die Anfertigung einer wissenschaftliche Arbeit haben. Die Gerätschaften, um diese Untersuchungen durchführen zu können, musste sie – mit Hilfe von Höhlenforschern – selber entwickeln. Da die Seiltechnik sehr anstrengend ist und nur begrenzte Arbeitsmöglichkeiten bietet, entwarf sie später zusammen mit den Inhabern eines kleinen Hotels den ersten Baumkronenpfad, der Wissenschaftlern die Arbeit enorm erleichtert, Studenten an das Forschungsgebiet heranführt und Touristen einen Einblick in einen völlig fremden Naturraum ermöglicht. Heute gibt es solche Pfade in vielen Wäldern auf allen Kontinenten.

Lowman lernte einen australischen Farmer kennen, heiratete ihn und versuchte auf seiner Farm, den Balanceakt zwischen der Familie (zu der bald zwei Kinder gehörten) und der Wissenschaft zu meistern. Ihre Umwelt erwartete jedoch, dass sie sich der traditionellen Rolle der Frau fügt, was letztlich zum Scheitern verurteilt war. Sehr vermisste sie in jener Zeit eine Mentorin, die ihr mit Rat und Tat hätte zur Seite stehen könnte. Schließlich kehrte in die USA zurück, lehrte an Universitäten, leitete Institute und nahm an zahlreichen Feldforschungen in vielen Teilen der Welt teil. Lowman gewährt interessante Einblicke in die Arbeit der Feldforscher verschiedener Disziplinen und schildert die rapide Entwicklung und Verbesserung der Forschungstechniken durch Pfade, Kräne, Baunhäuser und das „Himmelsfloß“, die die Arbeitsmöglichkeiten revolutionierten.

Nach wie vor ist Lowmans Darstellung sehr spannend zu lesen. Auch als Nicht-Biologin sind die Details ihrer Untersuchungen und Entdeckungen interessant, auch wenn manches zu häufig wiederholt wird – vermutlich, um den Laien das Verständnis zu erleichtern. Auch wenn sich die Möglichkeiten für studierende und promovierende Frauen seit den 80er Jahren sicherlich enorm verbessert haben und es in den meisten Disziplinen möglich sein sollte, eine Mentorin zu finden (schon aufgrund der einfacheren Kommunikation per E-Mail), kann ihre Schilderung Wissenschaftlerinnen mit Familie sicherlich auch heute noch Mut machen, nicht aufzugeben. Die wenigsten sehen sich dabei derart extremen Bedingungen gegenüber, wie es bei Lowman im australischen Outback der Fall war. Aus welcher Perspektive man dieses Buch auch liest, eine anregende und empfehlenswerte Lektüre ist es allemal.

Margaret D. Lowman: Die Frau in den Bäumen. Eine Biologin erforscht das Leben in den Baumkronen. Aus dem Englischen von Franca Fritz und Heinrich Koop. Kunstmann 2000, Euro 27,99, ISBN 978-3888972508.

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