Kristina Ohlsson: Aschenputtel

Der Alptraum einer jeden Mutter: Nur kurz steigt die junge Frau bei einem ungeplanten Zughalt aus, um ungestört zu telefonieren. Als sie einer anderen Frau hilft, die Probleme mit ihrem Hund hat, fährt der Zug unvermittelt weiter. Darin, schlafend, ihre kleine Tochter. Obwohl sie sofort den Zugbegleiter informieren lässt, findet dieser nach der Ankunft in Stockholm nur noch die schuhe des Mädchens auf ihrem Platz vor. Die Aufmerksamkeit der Polizisten konzentriert sich zunächst auf den Vater, von dem sich die Mutter vor einiger Zeit getrennt hat. Ermittlerin Frederika Bergmann weist lange vergeblich auf andere Spuren hin – sie wird von den Kollegen grundsätzlich nicht wirklich ernst genommen. Doch dann wird die Leiche des Mädchens gefunden – „unerwünscht“ steht auf seiner Stirn – und ein weiteres Kind verschwindet.

Quasi vom ersten Moment gelingt es dem Krimi, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Ich haderte mit der Mutter (Wie kann man nur aussteigen?) und litt mit ihr (Wer würde denken, dass ein Kind aus einem vollbesetzten Zug verschwinden kann, ohne dass irgendjemand etwas sieht). Auch über die sturen Polizisten muss sich der Leser des Öfteren aufregen, die nach ihrem Schema ermitteln und die schlauen Hinweise ihrer studierten Kollegin nicht beachten wollen. Immer mehr spitzt sich die Handlung zu. Es wird deutlich, dass das Motiv des Täters äußerst ungewöhnlich ist. Schließlich wird er immer mehr eingekreist und es wird zum Abschluss noch einmal sehr spannend.

Ohlsson schildert sehr genau die Charaktere, die Emotionen und Motivationen der Ermittler, sodass sie vor dem geistigen Auge des Lesers lebendig werden. Hier wäre etwas weniger eventuell mehr gewesen. Manchmal hätte ich lieber gewusst, wie die Ermittlungen weitergehen, als die privaten Probleme sämtlicher Polizisten zu erfahren.

Sie beschreibt sie aber auch, in welchem Zustand die Kinder gefunden werden und andere grausame Handlungen des Täters. Zartbesaiteten Menschen ist daher von der Lektüre eher abzuraten. Ohnehin ist es immer schwierig, von misshandelten Kindern zu lesen, zumindest für mich. Es war für meinen Geschmack gerade noch auszuhalten.

Ich habe diesen Krimi im Sommerurlaub verschlungen. Ich empfehle, mit der Lektüre nur dann zu beginnen, wenn man viel Zeit und Ruhe hat, denn es fällt von Anfang an schwer, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Obwohl ich relativ früh auf der richtigen Fährte war (deutlich früher als die Polizei jedenfalls) fand ich es auch danach noch sehr spannend: Was würde weiter passieren? Würde der Entführer weitere Kinder in seine Fänge bekommen? Würde die Flucht der jungen Frau gelingen? …

Kristina Ohlsson: Aschenputtel. Aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann. Blanvalet/Weltbild 2011, 277 Seiten, Euro 9,99, ISBN 978-3-86365-191-6 bei amazon

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