Was ist ihr kleines Geheimnis und wo verstecken Sie es? Im Keller, auf dem Dachboden, im Küchenschrank oder vielleicht unter Ihrem Bett? Was genau ist es, dass Sie vor aller Augen verbergen und unter keinen Umständen preisgeben wollen? Papierchaos und lose Blattsammlungen auf dem Schreibtisch, alte nutzlose Dinge in der Abstellkammer, Kartons mit Unrat im Untergeschoss oder ein wahllos vollgestopfter Kleiderschrank? Wie sieht es in Ihren Schubladen auf, aus dem Nachttisch, oder dem Couchtisch? (Einleitung, 1. Satz)
Tja, ich muss zugeben, dass das Wort ODER in diesem Fall fehl am Platze ist. So ziemlich alles trifft auf mich zu. Wobei ich natürlich weit von mir weise, dass unsere Kartons irgendwelchen Unrat beherbergen. Und eigentlich verberge ich es auch nicht vor aller Augen, sondern stehe dazu, dass es in meinem Leben wichtigere Dinge gibt als Aufräumen. Andererseits bin ich auch kein Messie. Es gibt eine Toleranzschwelle, die sicher höher liegt als bei anderen Leuten, aber wenn sie überschritten ist, muss aufgeräumt werden. Aber zugegeben, das Ergebnis ist oft oberflächlich, weil mal schnell alles in Schubladen und Schränken verstaut wird, in denen es schwierig wird, etwas wiederzufinden.
Nicht ohne Grund habe ich mir daher diesen kleinen Ratgeber durchgelesen. Wie oft sage ich Sätze wie “Ich muss unbedingt mal das Gewürzfach aufräumen!”, ohne den Vorsatz in die Tat umzusetzen. Ich hoffte also, dass mir diese Lektüre den nötigen Anschubs gibt, mal wieder eine Grundordnung in die Wohnung zu bringen. Diese Rezension ist also gleichzeitig ein kleiner Erfahrungsbericht.
Der Ratgeber gibt Tipps, wie man sinnvollerweise anfängt, um dem häuslichen Chaos Herr zu werden, wie man sich steigert und neue Gewohnheiten entwickelt und erklärt auch, warum man eigentlich so viele Dinge aufbewahrt. Zunächst wird geklärt, was Gerümpel ist (alles, was man nicht mehr braucht oder nie gebraucht hat) und was uns belastet.
Ein überfüllte Wohnung wirkt automatisch unordentlich, selbst wenn sie geputzt und sauber ist. (S. 8)
Ich würde ja sagen, dass ich dann ein hoffnungsloser Fall ist, denn ich habe so viele Dinge, von denen ich mich niemals trennen würde. Aber gut, schauen wir mal … Im nächsten Abschnitt wird erläutert, warum uns Entrümpeln entlastet. Ja, die Beispiele sind sehr überzeugend!
Kapitel 3 befasst sich mit typischen Ausreden wie “Das kann ich noch mal irgendwann gebrauchen” oder “Das ist zum Wegwerfen viel zu schade” – und widerlegt sie. Wer sich diesen Ratgeber durchliest, tut das sicher nicht ohne Grund und findet sich in diesen Ausreden wieder. Mir jedenfalls ging es so.
Dann geht es an die praktische Arbeit. Zunächst gibt es Tipps für Anfänger (jeden Tag fünf Sachen wegräumen, alles Erledigte sofort wegräumen, gleich wegwerfen, was man nicht mehr braucht, richtig sortieren usw.), danach geht es ans Eingemachte, zum Beispiel mit den W-Fragen. Eine davon, “Würde ich es mir heute noch einmal kaufen”, konnte ich ganz oft eindeutig mit Nein beantworten. Ganz wichtig das folgende Kapitel: Emotional entrümpeln. Es klärt, was man mit den vielen Erinnerungen tun kann, wenn ein geliebter Mensch gestorben ist, wenn die Beziehung zerbrochen ist oder wie man mit all den Erinnerungsstücken und Souvernirs umgehen kann, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben.
Kapitel 7 befasst sich mit dem Thema “Digital entrümpeln”. Das war für mich nicht so dringlich, denn erstens räume meinen Computer tatsächlich gelegentlich auf, zweitens sehe ich überhaupt nicht ein, warum ich mit in Zeiten enormer Speicherkapazitäten die Mühe machen soll, alles Mögliche auszusortieren und zu löschen. Der Leidensdruck ist auch in diesem Bereich sicher unterschiedlich hoch.
Hat man das Aufräumen erst einmal geschafft, ist Kapitel 8 hilfreich, denn dort kann man, geordnet nach Räumen, nachlesen, wie man die neugewonnenen Ordnung auch aufrecht erhalten kann.
Soweit die Theorie. Nun zur Praxis.
Eins hat der Ratgeber auf jeden Fall geschafft. Ich war auf einmal ganz scharf darauf, endlich aufzuräumen. Und das will etwas heißen! Ich habe festgestellt, dass ich mit der Fünfer-Regel nicht so gut klarkommen. Wenn ich mich überwunden habe, überhaupt mit dem Aufräumen anzufangen, habe ich gleich mehr als fünf Teile weggeräumt. Nun, das konnte nicht schaden! Auch die Regel, es gleich zu tun, habe ich in den letzten Tagen beherzigt, habe beispielsweise vor dem Schlafengehen die Sofadecke schön gefaltet, die Kissen zurechtgelegt und Tasse und/oder Teller in die Küche geschafft, damit mich am nächsten Tag nicht gleich wieder das Chaos empfängt.
Da wir ein Haus mit Keller, Dachboden und Garage bewohnen, wären hier zahlreiche Aufräumaktionen nötig. In der Kürze der Zeit habe ich aber immerhin schon zwei Projekte umgesetzt. Als ich das Bad putzte, habe ich den Spiegelschrank komplett ausgeräumt, alles ausgewischt und sortiert. Vor allem bei den Kosmetika gab es Platz. Ich bin davon überzeugt, dass ich den einen Lippenstift schon hatte, als ich noch bei meinen Eltern wohnte … Außerdem habe ich mein Nachttischschränkchen aufgeräumt. Sieht es nicht nett aus?
Dort liegen jetzt das Buch, das ich gerade lese, der Kindle, ein Notizblock für die Ideen, die dringend festgehalten werden müssen und ein Päckchen Taschentücher. Für viele wahrscheinlich ganz normal. Ich dagegen musste immer ein Plätzchen für den Wecker suchen, das Buch lag auf dem Boden. Auf dem Nachttisch lag beispielsweise Modeschmuck, den ich in einer Ecke gestapelt hatte. Außerdem ganz viele Knöpfe in kleinen Plastikbeuteln (die immer an neuen Klamotten hängen). Ich habe 32 davon in einer Dose gesammelt, die jetzt bei den Nähutensilien untergebracht sind. Ich fand zwei Einkaufswagenmärkchen (die beim Ausziehen noch in der Hosentasche waren) und Ärmelstulpen, die eigentlich auf den Schreibtisch gehören, die ich aber noch anhatte, als ich schlafenging. Stifte, Blöckchen, lauter Krimskrams. Ich finde den neuen Anblick sehr befreiend. Die Schubladen habe ich gleich mit aufgeräumt, wo ich schon mal dabei war.
Das hat also wunderbar funktioniert, sodass ich das Buch gerne weiterempfehle. Ich weiß aber jetzt schon, dass ich ihm ganz sicher nicht bis in letzter Konsequent folgen werde. Es steht nämlich beispielsweise darin, dass man keine Topfpflanzen auf der Fensterbank haben soll, weil das unordentlich aussieht. Ich finde ja, dass es ohne Blumen vielleicht ordentlicher, aber auch kahl und ungemütlich aussieht. Natürlich lässt sich alles effektiver sauberhalten, wenn nichts herumsteht, aber ich möchte mich in meiner Wohnung wohlfühlen und nicht in einem Museum leben.
Noch schlimmer der Vorschlag, die Bücher auszusortieren und zu verschenken, verkaufen oder wegzugeben. Man würde die meisten sowieso nie mehr in die Hand nehmen. Das mag ja sein, aber ich will Bücher BESITZEN, nicht nur lesen. Wir haben sogar im Flur Bücherregale und das ist auch gut so! Ob andere Leute unsere zweireihig eingeräumten und oberdrauf querliegenden Bücher für unordentlich halten, ist mir vollkommen egal. Denn, ich wiederhole: Wir wollen hier ja leben und für uns ist ein Leben ohne (viele) Bücher undenkbar.
Auch den Ratschlag, alles wegzuwerfen oder zu verkaufen, was ich ein Jahr nicht benutzt habe, werde ich nicht befolgen. Natürlich könnten wir so viel Platz auf dem Dachboden schaffen. Das wollen wir aber nicht. Wir heben fast alle Kinderspielsachen und -kleider auf. Braucht jemand aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis etwas, helfen wir gerne aus. Wenn unsere Kinder meine Eltern besuchen, macht mein Vater mit ihnen einen Ausflug auf den Dachboden. Ich staune, dass sie noch nach so vielen Jahren immer begeistert wieder herunterkommen. Mal haben sie ein Spiel entdeckt, mal ein Buch, mal Comics. Wie schade wäre es, wenn wir alles weggegeben hätten. Welche Schätze wurden schon auf Dachböden entdeckt! Und das nur, weil unsere Vorfahren nicht gleich alles weggeschmissen haben. Klar, es gibt da einige Kisten, die könnten weg. Da werde ich mich auch an die Arbeit machen. Aber auch wenn es ums Aufräumen geht, empfehle ich Augenmaß!
Wie versprochen, ist das Büchlein in etwa 45 Minuten durchgelesen. Gut investierte Zeit, wie ich finde. Ich mache jedenfalls weiter. Als nächstes kommt das Fach mit den Gewürzen an die Reihe. 🙂
Madame Missou: Wie uns Aufräumen & Entrümpeln glücklich macht! Madame Missou eBooks & Ratgeber 2013, 47 Seiten, Euro 4,99, ASIN: B00H8683JO.
Zur Verlagsseite mit Lesepreobe geht es hier – zu Amazon
“Sogar im Flug Bücherregale”? Was bedeutet das?
Och nein, immer solche genialen Tippfehler. Ich stelle mir das gerade vor, Bücherregale, die durch die Gegend fliegen und immer da landen, wo ich nach einem Buch schauen möchte. Das klingt wie die Lösung aller Platzprobleme!
Leider befinden sich die Bücherregale nur im Flur, sie sind extra schmal, damit man noch bequem durchgehen kann, sodass nur Taschenbücher oder kleinere Hardcover hineinpassen. (Ich korrigiere das dann mal …)
Ach so! 🙂 War aber eine ernst gemeinte Frage. Ich argwöhnte nämlich, “Flug” könne noch eine mir unbekannte Bedeutung haben. Aber warum sollte es eigentlich keine Buchregal-Drohnen geben? Wäre sicherlich machbar.
Zu meiner Verteidigung: Sobald ich auf unbekannte Wörter stoße, muss ich sie unbedingt enträtseln. Dabei fällt mir ein, in einem Audio-Kinderbuch kommt das nicht existierende Wörtchen *flux* (mit kurzem Vokal gesprochen) vor. Mir ist zwar klar, dass es *flugs* sein sollte, der Sprecherin aber offenbar nicht. Aber das nur am Rande …
Das ist doch schön, wenn du selbst in der Rezension über solch ein eher “leichtes” Büchlein auf vermeintliche Sprachrätsel stößt! 🙂
Vielleicht sollten wir die Regal-Drohnen mal einem Ingenieur vorschlagen. Dann heißt es aber zukünftig, in der Wohnung den Kopf einziehen!
Es reicht doch sicher, immer mit Fahrradhelm rumzulaufen?
😀 Super Idee! Was die Nachbarn von uns denken, ist uns ja ohnehin egal, oder? 😉