Deutschland im 14. Jahrhundert: Die junge Luzinde muss ihr Dorf verlassen, nachdem sie ein uneheliches Kind bekommen hat. Zum Glück kommt sie als Magd in einem Kloster unter und wird dort heimisch. Aber auch von dort wird sie verjagt, nachdem ihre Vergangenheit ans Licht gekommen ist. Schließlich gelangt sie nach Nürnberg, wo sie vergeblich nach einer Arbeit sucht. In ihrer Verzweiflung nimmt sie schließlich eine Stelle als Lichtermagd bei einem Juden an, obwohl sie dabei in der ständigen Angst lebt, sich gegen ihren Glauben zu versündigen. Doch mit der Zeit schließt sie die jüdische Familie ins Herz, vor allem die Kinder. Eines Tages erfährt sie, dass das Leben aller Nürnberger Juden in Gefahr ist. Wen soll sie nun unterstützen, Juden oder Christen?
Lena Falkenhagen schildert überzeugend das Spannungsfeld zwischen christlicher und jüdischer Religion, in das die naive Luzinde gerät. Zunächst reagiert die junge Frau sehr abweisend auf jüdische Sitten, Riten und Verhaltensweisen, doch je mehr sie (und damit auch der Leser) darüber erfährt, desto toleranter wird sie. Sie beginnt, das bisher über die Juden Gehörte und Gelernte in Frage zu stellen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Als die Juden in Gefahr geraten, riskiert sie schließlich sogar ihr Leben für deren Wohlergehen. Die Darstellung der Erlebnisse und der Entwicklung von Luzinde gelingt Falkenhagen ebenso gut, wie die Beschreibung des mittelalterlichen Stadtlebens im Allgemeinen und des jüdischen Lebens im Besonderen. Das Jiddische wird so nachgeahmt, dass der Leser einen Einblick in die Sprache erhält, ohne dass der Lesefluss behindert wird. Die Ränke des Rates und das Taktieren des Königs erlauben einen Einblick in die Politik der Zeit. Luzindes Liebesgeschichten runden die Erzählung ab.
Alles in allem ließ sich der Roman flüssig und spannend lesen, hatte jedoch an einigen Stellen auch Längen. Trotzdem ein empfehlenswertes Buch, das einige spannungsvolle Abende garantiert. Die Auszeichnung mit dem DeLia-Preis 2010 für die beste Liebesgeschichte erfolgte sicher nicht zu Unrecht, obwohl für mich der Schwerpunkt eher auf Luzindes Verwicklung in politische Ereignisse liegt.
Lena Falkenhagen, Die Lichtermagd, Heyne 2009, 543 Seiten, Euro 8,95, ISBN 978-3-453-405684
Ich danke herzgedanke und der Autorin für das signierte Rezensionsexemplar.
Wie interessant ist das denn? Gerade habe ich mich auf der Seite des Berliner Kindermuseums MACHmit! (https://www.machmitmuseum.de/index.php?article_id=238) über die aktuelle Ausstellung zum Thema Papier informiert, da finde ich folgende Information: “Ulman Stromer nahm in Nürnberg 139o die erste Papiermühle Deutschlands in Betrieb, in der Papier aus Lumpen hergestellt wurde.” Ulman Stromer ist einer der wichtigsten Protagonisten in Lena Falkenhagens Roman. Es ist doch spannend, wenn man einer Figur, die einem vor wenigen Wochen unbekannt war, so überraschend “über den Weg läuft”.