Pål H. Christiansen: Die Ordnung der Worte

Manchmal ist es ein Cover, das mich magisch anzieht und dazu verleitet, ein Buch zu kaufen. In diesem Fall war es der Titel. „Die Ordnung der Worte“ musste doch genau der richtige Roman für eine Lektorin sein? Da mein Studium schon ein paar Tage her ist und meine letzte Begegnung mit Foucaults „Die Ordnung der Dinge“ ebenso, konnte ich unbeschwert zuschlagen. Der Ausschnitt einer norwegischen Rezension versprach mir einen witzigen Großstadtroman. „Rasant, skurril und in urbanem Stil.“ Neugierig begann ich mit der Lektüre …

Hobo Highbrow ist Autor. Immerhin hat er schon mehrere Gedichtbände veröffentlich. Verkauft haben sie sich leider nicht so gut, weshalb sich in seiner Wohnung die Bücher kistenweise stapeln. Nun arbeitet er an einem Roman, in seinem Kopf existiert schon das grobe Konzept, die Schreibarbeit hebt er sich für den Herbst auf. Jetzt will er erst einmal den norwegischen Spätsommer genießen. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich mit der Arbeit als Korrektor bei einer Zeitung. Als er auch inhaltlich in die Artikel eingreift, verliert er seinen Job. Auch privat läuft nicht alles rund. Seine Freundin Helle flirtet mit einem anderen, aus seiner Wohnung verschwinden nach und nach die Möbel, die Kleidungsstücke und alles, was ein Schriftsteller sonst so braucht. Schließlich nistet sich auch noch sein Fraund dort ein. Hobo will nur noch weg, am liebsten nach London, wo ihn ein internationaler Agent entdecken wird …

Der Leser begleitet den Osloer Möchtegern-Schriftsteller Hobo einige Tage im September bei seinen alltäglichen Verrichtungen auf der Arbeit, beim Diskutieren mit seiner Freundin oder bei Kneipentreffen mit seinen Kumpels. Dann verliert Hobo seinen Job und verdächtigt Helle, ihn zu betrügen. Ziemlich planlos läuft er nun durch die Stadt und findet immer wieder neue Gründe, warum er nicht an seinem Roman weiterschreiben darf. Ein häufiges Motiv, das Christiansen hier gekonnt auf die Schippe nimmt. H obo kommt erst in die Gänge, wenn er a-ha hören kann und viele seiner Gedanken kreisen um die Bandmitglieder. Am Ende wird er sogar zum Stalker.

Ich würde einmal behaupten, dass Hobo der größte Null-Checker des Universums ist. Allerdings bleibt tatsächlich unklar, warum alle wissen, dass er zu Helle umziehen wird, nur er nicht. Aber die Tatsache, dass er einen Verlobungsring am Finder trägt, deutet doch darauf hin, dass er irgendwann mal irgendetwas mitbekommen haben muss. Verdrängung? Jedenfalls habe ich es als ziemlich unglaubwürdig empfunden, dass er die vielen Andeutungen nie richtig versteht – er als Mann des Wortes, dessen liebste Leküre das Riksmål wörterbuch von 1912 ist. Seine Erlebnisse sind ziemlich banal und von rasant kann in meinen Augen keine Rede sein. Skurril trifft es da schon eher!

Vielleicht habe ich aber auch deshalb keinen besonderen Spaß an dem Roman gefunden, weil ich mich über die gekünstelte Namensvergabe geärgert habe: Der Held heißt Hobo Highbrow, seine Freundin Helle, der Redakteur Holm, der Kneipenbesitzer Hirsch, der Sommerhit wird von Hubert & die Hauskater gesungen, Hobos Freunde sind der Saxophonist Haagen und der Bildhauer Higgins, der Großhändler heißt Hjalmar Holst-Humperdinck, der Kaufmann Herman, seine alte Tante Hulda Høilund, und, und, und. Um welches großartige Stilmittel handelt es sich dabei? Mitten in der Lektüre klingelte es und vor der Tür stand auch noch ein Lieferant von Hermes. Der Arme hatte Glück, dass ich mir den Zalando-mäßigen Schrei gerade noch verkniffen habe! Dass ich eben bemerkt habe, dass der zweite Vorname des Autors ebenfalls ein H ist, gibt mir gerade zu denken …

Kann man lesen. Muss man aber nicht.

Pål H. Christiansen: Die Ordnung der Worte. Rockbuch 2007. 238 Seiten, Euro 14,90. ISBN 978-3-927638-32-7.

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