Kathrin Schubert: Maria Sibylla Merian. Reise nach Surinam

Ich hatte bei den Gewinnspielen zum Welttag des Buches gleich mehrfach Glück. Natürlich habe ich mich über jeden Gewinn gefreut, aber besonders über einen GEO-Bildband aus der Reihe “Bibliothek der Entdecker” über Maria Sibylla Merian. Diese Frau fasziniert mich schon lange, weil sie für ihre Zeit ungewöhlich und ungewöhnlich mutig war.

Anders als der Untertitel des Buches vermuten lässt, geht es in dem Buch keineswegs nur um Merians Reise nach Surinam, sondern es beleuchtet ihr ganzes Leben. Sie war Tochter eines Kupferstechers und hatte Glück: Trotz des frühen Tods ihres Vaters bekam sie alle Einblicke in seine Kunst. Ihr Stiefvater erkannte und förderte ihr zeichnerisches Talent, später erlernte sie auch das Handwerk des Kupferstechens. Auch ihr Interesse für Raupen zeigte sich früh und wurde nicht unterbunden, obwohl es für ein Mädchen im 17. Jahrhundert nicht unbedingt angemessen war, Seidenraupen zu züchten und im Garten nach Insekten zu suchen. Später heiratete sie einen Maler und konnte auch in der Ehe ihre Talente weiter entwickeln. Sie trug sogar wesentlich zum Familieneinkommen bei: Zuerst eröffnete sie eine Stick- und Malschule, dann verkaufte sie Bilder von Pflanzen und schließlich stellte sie Farben her, die sie an ihre Kunden verschickte. Als die Ehe scheiterte, zog sie mit den beiden Töchtern zuerst zurück zur Mutter nach Frankfurt, nach deren Tod auf ein Landgut der Labadisten in den Niederlanden. Dort konnte sie wieder zur Ruhe finden und lernte auch die Förderer kennen, die später ihre Reise finanzierten. Ausführlich wird dann die beschwerliche Reise nach Surinam beschrieben, die sie mit ihrer jüngeren Tochter unternahm. Zwei Frauen ohne männliche Begleitung in solch einem wilden Land, schon das war eine Sensation. Die Hartnäckigkeit, mit der sie ihre Ziele verfolgte, erst recht. Merian unternahm Ausflüge in den Urwald, grub Pflanzen aus und ließ sie sich von indianischen Begleitern nach Hause tragen. Im Haus züchtete sie Raupen und andere Insekten, um die Metamorphose verfolgen zu können. Erst eine Krankheit zwang sie, ihren Aufenthalt abzubrechen und in die Niederlande zurückzukehren. Dort tauschte sie sich ausführlich mit anderen Gelehrten aus, stellte ihre Bilder zu Büchern zusammen und verkaufte sie. Ihre Zeichnungen beeindrucken auch heute noch durch ihre detailtreue. Für ihre Zeit ungewöhnlich war ihre Leidenschaft für Insekten, die sie meist auf der Pflanze abbildete, auf der sie sich verpuppen oder die sie fressen.

Fesselnd schildert die Autorin das aufregende Leben der begabten Frau, die sich immer wieder über die Konventionen ihrer Zeit hinwegsetzte. Merian hatte keine Wissenschaften studiert, sich aber von klein auf mit ihrem Anschauungsobjekten beschäftigt. Ihr Forschungsdrang, ihr genaues Auge und ihr Fähigkeit, das Gesehene detailgetreu wiederzugeben, machten ihre Werke für die Zeit einzigartig und herausragend. Auch die Informationen über das Leben des europäischen Siedler und die Reisebedingungen der Zeit fand ich sehr interessant. Allein der biografische Teil des Buches ist lohnend, aber die zahlreichen Bilder machen es zu einem besonderen Schmuckstück. Zeichnungen Merians illustrieren ihre jeweilige Schaffensphase, wobei ich mir noch mehr davon gewünscht hätte. Außerdem zeigen zeitgenössische Zeichnungen Merian und Familienmitglieder, Surinam, Buchcover und anders, Fotos von Insekten und den niederländischen Antillen runden die Darstellung ab.

Ich habe das Buch zuerst in einem Rutsch durchgelesen und es danach noch einmal durchgeblättert, um mir die Abbildungen in aller Ruhe anzusehen. So schön – lesens- und anschauenswert!

Cover_Schubert_Merian

Kathrin Schubert: Maria Sibylla Merian: Reise nach Surinam. GEO/Frederking & Thaler 2010. 144 Seiten, ca. 120 Abbildungen, ISBN 978-3-89405-772-5

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