Schon vor einiger Zeit habe ich dieses Buch zum Rezensieren bekommen, aber ich wollte es mir für den Urlaub aufheben. Gestern Abend sind wir angekommen, heute Morgen im Bett habe ich es zu Ende gelesen!
Im kleinen Dorf in der südfranzösischen Provinz Haut-Languedoc ist üblicherweise nichts los. Mado läuft wie immer regelmäßig hoch zur Kapelle des heiligen Martins, um ihm ihr Leid mit ihrem Mann Jean zu klagen, die Belgierin Giselle grantelt herum. Die Deutsche Isa, die bei ihr wohnt, versucht irgendwie Kontakt mit den Mietern ihres Hauses zu bekommen, damit diese schleunigst ausziehen oder wenigstens Miete zahlen. Der junge Polizist Marcel trainiert täglich für den New-York-Marathon, jedenfalls solange ihn seine Kollegen nicht davon abhalten. Wenn Jean nicht in einem seiner drei geliebten Gärten werkelt, geht er auf die Jagd, so wie an diesem Tag mit dem unerfahrenen Laurent. Doch als er gerade auf ein Mufflon anlegt, schießt Laurent sich versehentlich selbst in die Schulter. Dadurch scheint eine Welle von Ereignissen ausgelöst zu werden, denn am nächsten Morgen wird ein Toter entdeckt. Der herbeigerufene Kommissar Riquet ermittelt, ebenso wie Marcel sowie Giselle und ihre Freundinnen ….
Dieser Krimi erzeugt Atmosphäre! Schon nach wenigen Seiten spürte ich die Hitze flimmern und sah das kleine Dorf mit seinen engen Gassen vor meinem geistigen Auge auferstehen. Die lebendige Sprache mit den Französisch-Einsprengseln und den Kommentaren zur regionaltypischen Aussprache weckte Erinnerungen. Dazu die vielen Erwähnungen leckerer Speisen, all das löste spontane Lust nach einer Südfrankreich-Reise aus. Aber ich urlaube ja gerade woanders, wo es auch schön ist, außerdem konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen, um ins Auto zu steigen. Die Protagonisten sind allesamt Originale, die ebenso lebendig und glaubwürdig geschildert werden wie die Umgebung. Action und Gewalt haben hier keinen Platz, schließlich ist es viel zu heiß für übertriebene Hektik. Das Böse hat seinen Ort irgendwo unter diesen scheinbar ganz normalen Menschen und tritt eher subtil auf. Die Spurensuche ist dennoch spannend. Nach und nach gerieten verschieden Personen in meinen persönlichen Kreis der Verdächtigen, der sich nicht mit dem des Kommissars überschnitt, gegen Ende hatte ich dann den richtigen Riecher, natürlich vor dem Kommissar und sogar vor den neugierigen Frauen, obwohl diese ihre Augen und Ohren überall haben.
Ich mag es, wenn sich die Handlung in einem Krimi so entwickelt, dass ich als Leserin miträtseln kann und sich nicht am Schluss eine völlig unerwartete Volte ergibt, weshalb niemand auf den Täter kommen konnte.
Abgerundet wird das Buch durch die Rezepte der regionalen Speisen, die im Buch erwähnt wurden, und eine Liste zu Bestellmöglichkeiten für die französischen Spezialitäten. Das macht nicht nur Appetit, sondern könnte dafür sorgen, dass das Buch nicht im Bücherregal verstaubt, sondern in die Küche zu den Kochbüchern wandert.
Ein schöner Krimi voller Originale, ruhig, rund und stimmig. Genau das Richtige für einen entspannten Sommertag, ob mit einem Glas Wein genossen oder ohne.
Lisa Graf-Riemann: Madame Merckx trinkt keinen Wein. Ein Südfrankreich-Krimi. emons 2015. 272 Seiten, Euro 10,90, ISBN 978-3-95451-567-7.
Zur Verlagsseite – bei Amazon – und in der Buchhandlung um die Ecke.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.