Arnstadt: Warum in die Ferne schweifen?

Sabine veranstaltet in ihrem Blog Ferngeweht eine große Bloggeraktion, das Stadt, Land, Fluss XXL. Dabei schreiben (Reise-)Blogger zu jedem Buchstaben des Alphabets Artikel über eine Stadt, ein Land und einen Fluss. Der versprochene Blogbeitrag zu der Stadt mit A blieb aus und ich sprang spontan mit Arnstadt ein. Andere haben über Cusco, Edinburgh oder Kuala Lumpur geschrieben, und da will ich mit Arnstadt kommen? Ja, ich will!

Thüringen ist definitiv eine Reise wert, so viele wundervolle Städte gibt es dort zu entdecken, wie Erfurt, Weimar oder Eisenach mit der Wartburg. Aber es gibt auch weniger bekannte Kleinstädte, die sich anzuschauen auf jeden Fall lohnt, wenn man in der Gegend ist. So wie Arnstadt. Ich möchte euch zu einem kleinen Rundgang durch die Stadt einladen:

Das kleine Städtchen Arnstadt wurde im Jahr 704 erstmals urkundlich erwähnt, kann sich also rühmen, eine der ältesten deutschen Städte nördlich des Limes zu sein. Für euch bin ich zum allerersten Mal auf den Neideckturm in der Schlossruine Neideck gestiegen (die Treppen sind nicht unbedingt für Menschen mit Höhenangst geeignet). Von dort hat man einen schönen Rundblick über die Stadt und zur Wachsenburg, auch der Flughafen Erfurt lässt sich erkennen.

Am Fuß des Turms kann man sich noch allerlei Modelle anschauen, die meisten von Arnstädter Gebäuden, aber auch der Erfurter Dom ist vertreten. Das ist DIE Chance, die Liebfrauenkirche ohne Gerüst und von allen Seiten zu sehen:

Fans der Fernsehserie Schloss Einstein brauchen sich nicht wundern, dass ihnen manches bekannt vorkommt.

Direkt gegenüber befindet sich das Schlossmuseum, das u. a. die einzigartige Puppensammlung „Mon Plaisir“ aus dem 18. Jahrhundert enthält. Fürstin Auguste Dorothea von Schwarzburg-Arnstadt sammelte Puppenhäuser. Neben höfischen Szenen werden viele Handwerker bei der Arbeit gezeigt, wie Drechsler, Schneider oder Frisör, auf einem Jahrmarkt gibt es ebenso viel zu entdecken wie auf dem Bauernhof oder im Theater.

Direkt gegenüber dem Museum: Schloss Neideck, lange Jahre Gymnasium, momentan Ausweichsitz für die Marlishäuser Grundschule während der Renovierungsarbeiten.

Weiter geht es in die Innenstadt. Die berühmteste Arnstädter Kirche dürfte die Bachkirche sein, weil dort Johann Sebastian 4 Jahre höchstselbst in die Orgeltasten gehauen hat. Er hatte in Arnstadt seine erste Arbeitsstelle, kam aber nicht gut mit den Stadtoberen zurecht. Zum Beispiel kam überhaupt nicht gut an, dass er seinen Urlaub um Wochen überzog, als er nach Hamburg wanderte, um dort Dieterich Buxtehude kennenzulernen. Aber auch seine Musik fand keinen Gefallen.
Die Bachkirche ist die neueste Kirche Arnstadts, und so hieß sie bis 1935 auch schlicht Neue Kirche. Ich finde die anderen Kirchen schöner, aber der Name Bach lockt Touristen aus aller Welt.

Und hier ist er: Johann Sebastian Bach, auf dem Marktplatz herumlümmelnd.

Unseren Marktplatz finde ich übrigens besonders schön. Das auffälligste Gebäude ist eindeutig das Rathaus.

In dieser Apotheke arbeitete der spätere Märchendichter Ludwig Bechstein als Lehrling.

Und noch ein paar Impressionen vom Markt:

Wer den Markt etwas länger auf sich wirken lassen möchte – hier ist ein guter Platz für eine Pause in einem der Cafés. Gestärkt geht es dann weiter zur zweiten Hälfte unseres Rundgangs.

Vorbei am Prinzenhof, in dem sich heute die Stadt- und Kreisbibliothek befindet, und an der Papiermühle …

… kommen wir zu meiner Lieblingskirche, der Liebfrauenkirche. Sie widersetzt sich aufgrund der engen Gässchen hartnäckig allen Fotografierversuchen. Im Moment ist der Nordturm eingerüstet, weil 2015 der Blitz in die Turmspitze einschlug und sie regelrecht wegsprengte.

Weiter geht es durch enge Gässchen entlang der Stadtmauer in den oberen Teil der Altstadt, am Obertor vorbei zur dritten evangelischen Kirche, der Oberkirche. Sie war ehemals Teil eines Klosters und wird zurzeit renoviert. Jedes Mal, wenn ich die Gelegenheit habe, hineinzuschauen, ist die Renovierung ein wenig fortgeschritten. Das wird eine wirklich beeindruckende Kirche werden. Von außen macht sie nicht so viel her, finde ich, dazu ist sie zu sehr eingebaut.

Auf dem Weg zum Ried kommt man an diesem Fachwerkhaus vorbei, bei dem ich jedesmal bewundernd innehalte. Wie kann ein Haus nur so schief sein? Und wie stellt man drinnen Möbel auf?

Der Jakobsturm mit seiner spitzen Haube ist das Wahrzeichen Arnstadts. Zur vollen Stunde ertönt ein schönes Glockenspiel. Die früher dazugehörige Kirche existiert nicht mehr:

Autos müssen heute um das Riedtor herumfahren.

Wir kehren dem Riedtor den Rücken zu, gehen durch die Fußgängerzone und biegen in den Stadtpark ein. Momentan blühen dort wunderschöne Krokusse.
Im Park befindet sich auch das Theater. Immerhin, das gibt es noch, denn alle Kinos sind leider schon lange geschlossen.

Es ist nicht wirklich schön, aber in diesem Fall zählen die inneren Werte!

Auf der anderen Seite des Parks gibt es ein niedliches kleines Haus, das Fischertor. Es war früher einmal die Einfahrt in den Stadtpark. Dort wohnte der Fischer des Fürsten, daher der Name.

Genau gegenüber ist das Schwimmbad, das von auswärtigen Gästen aus der Ferne auch schon mal für den Bahnhof gehalten wird. Also, ihr wisst jetzt Bescheid.

Neben dem Fischtor steht die Villa des Automobilfabrikanten Alfred Ley. Ich mag den Namen seines Prototyps: Loreley. Wer das Gebäude heute nutzt, ist offensichtlich …

 

So, nun noch um die Ecke und wir sind wieder an unserem Ausgangspunkt angekommen. Damit ist unsere Runde durch Arnstadt beendet. Ich habe einiges unterschlagen: die hübschen Gässchen, wunderschöne Türen, manch ein schönes (Fachwerk-)Haus, die Villen in der Marlittstraße, die Alteburg, die achteckige katholische Himmelsfahrtkirche, die Brunnen, die alle noch abgedeckt waren, und bestimmt noch einiges mehr. Das müsst ihr euch einfach selber anschauen!
Es gäbe noch so viel zu erzählen. Zum Beispiel, dass hier die älteste Rechnung der Welt für eine Bratwurst gefunden wurde, was die Franken aber nicht wirklich akzeptieren wollen. Oder vom großen Stadtbrand 1581. Oder von den Hexenprozessen. Oder von der Schnulzenschriftstellerin Marlitt. Oder, oder, oder. Aber das würde zu weit führen …

Noch ein Tipp: Es lohnt sich natürlich zu jeder Jahreszeit, Arnstadt zu besuchen. Besonders schön ist aber der Bachadvent, wenn überall in der Altstadt Häuser, Keller und Höfe geöffnet sind, in denen musiziert wird.

0 Replies to “Arnstadt: Warum in die Ferne schweifen?”

  1. Pingback: Stadt, Land, Fluss - die XXL-Runde | Ferngeweht

  2. Liebe Daniela, vielen herzlichen Dank für den schönen Beitrag zu meinem Stadt-Land-Fluss-Spiel. In der Tat: Warum in die Ferne schweifen? Ich glaube, ich muss Arnstadt wirklich mal einen Besuch abstatten!

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