Die Welt retten – aber wie?
Viele von uns würden gerne so leben, dass wir die Umwelt weniger schädigen. Aber das ist manchmal gar nicht so einfach. Ziemlich oft sogar. Denn was ist eigentlich „das Richtige“?
Sie würden gerne „was tun“?
Damit sind Sie nicht allein. Denn vielen ist längst klar, dass wir etwas tun müssen. Aber – wenn ich Hilfsorganisationen Geld spende, unterstütze ich dann vielleicht eine korrupte Regierung? Wenn wir nur noch „Made in Germany“ kaufen, verlieren dann Menschen in Indien ihre Lebensgrundlage? Wenn ich Wasser spare, gehen dadurch Rohre kaputt? (aus dem Vorwort)
Unser eigenes Wissen ist meist nicht groß genug, um alle relevanten Punkte abwägen zu können, wenn wir vor einem ähnlichen Dilemma stehen. Deswegen befragte die Herausgeberin Experten zu acht Themenbereichen: Leben und kaufen, Fisch und Fleisch, Abfall und Abwasser, Energie, Urlaub und Verkehr, Geld und Mensch, Entwicklungshilfe und Denken. Da wird beispielsweise darüber gesprochen, ob es sinnvoller ist, alte Elektrogeräte auszumustern und neue, energiesparende zu kaufen oder ob Mülltrennung wirklich hilft oder am Ende doch alles zusammengeschüttet wird. Pro Thema kommen ein bis drei Expertinnen und Experten zu Wort. Darüber hinaus unterstützt sie die Leserinnen und Leser mit Zusatzmaterial wie einem Saisonkalender für Obst und Gemüse, Energiespartipps, Links, Buchtipps usw.
Jeder Abschnitt beginnt mit einem großen Zitat und einer Vorstellung des Experten, woraufhin dieser in etwas drei bis vier Seiten auf sein Thema eingeht. Das macht schon deutlich, dass keine sehr umfassende Erörterung möglich ist. Wer sich schon ein wenig mehr mit dem einen oder anderen Thema befasst hat, wird wenig Neues erfahren, wer sich jedoch noch nicht so lange mit diesen Fragen beschäftigt, wird viele Denkanstöße bekommen. Wissbegierige finden aber in den Buchtipps am Ende Hinweise, wie sie sich tiefergehend informieren können. Vieles, was ich gelesen habe, ist auf meine Zustimmung gestoßen, wenn ich es auch nicht alles für mich umsetzen kann oder will. Es gab jedoch auch Aussagen, mit denen ich nicht so viel anfangen konnte. Das traf vor allem auf den letzen Aufsatz zum Thema „Denken“ zu, in dem Thomas Campbell, Experte für Bewusstseinsforschung, zum Beispiel sagt:
Diktatoren zu stürzen ist sinnlos, solange nicht jeder von uns liebevoller wird.
Natürlich würde ich sehr befürworten, dass jeder von uns liebevoller wird. Das ist jedoch nicht zu erwarten, zumindest nicht auf die Schnelle. Sollen wir Diktatoren so lange (also vermutlich für immer) gewähren lassen? Solche Aussagen widerstreben mir. Aber es macht ja nichts, wenn man sich an einzelnen Aussagen reibt, oft löst ja gerade das einen individuellen Denkprozess aus. Mir gefiel, dass manche der Experten recht pragmatisch und damit praxisnah an die Sache herangehen. Es würde die Leserinnen und Leser nur abschrecken, wenn ihnen erklärt würde, dass sie ihr Leben komplett auf den Kopf stellen müssen. Das macht niemand. Doch Rainer Grießhammer, Experte für nachhaltigen Konsum, sagt:
Man kann mit 20 % Aufwand zu 80 % nachhaltig leben.
20 %? Das klingt zwar auch nach viel Mühe und Aufwand, aber doch nach einem Ziel, dass man erreichen kann. Dadurch wird man nicht gleich entmutigt und mit dem Gefühl zurückgelassen, dass es sowieso nichts bringt und man es auch gleich bleibenlassen kann.
Das Buch lässt sich dank der gelungenen optischen Aufbereitung sehr gut lesen, immer wieder sind einzelne Passagen oder Kernaussagen in deutlich größerer Schrifttype gedruckt. Die Themen sind knapp und verständlich ausgeführt. Schade finde ich, dass nur drei der sechzehn Experten weiblich sind.
Fazit: Spannende Lektüre, die einige Fragen klärt und viele Denkanstöße und zahlreiche Tipps für konkretes Handeln gibt.
Ann-Kristin Mull: Ist öko immer gut? Was Welt und Klima wirklich hilft. Tectum 2017. 180 Seiten, Euro 18,95, ISBN 978-3-8288-3844-4.
Zur Verlagsseite – bei Amazon – bei Buch7.de – im Onlineshop eurer Buchhandlung – und in jeder Buchhandlung.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.