Kommissarin Anna Hwierut, 30, lebt und arbeitet in Warschau. Täglich kämpft sie darum, ihre Arbeit mit ihrem Leben als alleinerziehende Mutter zu vereinbaren. So lernt der Leser sie nicht auf der Arbeit kennen, sondern in der Schule ihres Sohnes, wo sie einen unangenehmen Termin mit der Direktorin wahrnehmen muss. Erst danach macht sie sich auf den Weg zur Arbeit, wo sie mit den neuesten Fällen konfrontiert wird: In der Weichsel wurde die Leiche eines alten Mannes gefunden, ein vermisster Junge aus der Provinz wird in Warschau vermutet und ein inhaftierter Psychopath möchte unbedingt mit ihr sprechen. Eigentlich ist ihre volle Aufmerksamkeit gefordert, aber sie muss auch dringend eine Lösung für ihren rebellierenden Sohn finden.
„Ein stiller Mörder“ ist, passend zum Titel, ein (zunächst) recht ruhiger Krimi, der nebenbei den einen oder anderen Einblick in die polnische Gesellschaft erlaubt. Er zeigt die normale Polizeiarbeit, die durch Hierarchien und Strukturen nicht gerade erleichtert wird. Anna Hwierut ist eine sympathische Kommissarin, deren Leben und Arbeit überzeugend geschildert werden und die mit ihrem Kollegen Wojtek mehr verbindet als die Arbeit. Intelligent zieht sie die richtigen Schlüsse, was nicht verhindern kann, dass sie und ihr Sohn in große Gefahr geraten. Am Ende wird es daher noch einmal richtig spannend.
Ein Krimi, den ich sehr zügig und mit viel Freude gelesen habe. Die polnischen Namen lassen einen gelegentlich stolpern, mir hat es großen Spaß gemacht, mich anhand der auf der Umschlagklappe mitgelieferten phonetischen Hinweise an der korrekten Aussprache zu versuchen. Wer weniger sprachwissenschaftliches Interesse hat, kann die Namen natürlich auch einfach so lesen, wie er sie sich denkt. Das Privatleben der Ermittlerin findet relativ viel Raum. In manchen Krimis stört mich das, hier sind die beiden Ebenen jedoch geschickt verwoben und ich fand es eher angenehm, einen Blick hinter die Kulissen werfen zu können. Interessant auch der Ort des Geschehens, noch ganz „unverbraucht“: Warschau. Im Schmuddelwinter ohne Schnee macht die Stadt einen leicht düsteren, melancholischen Eindruck, was gut zur Krimiatmosphäre passt.
„Ein stiller Mörder” ist der erste Teil einer Trilogie. Er macht Lust, die weiteren Teile „Der tote Punkt“ und „Aus fremder Hand“ zu entdecken – ich freue mich schon auf weitere Spannung um Kommissarin Anna Hwierut!
Isabela Szolc: Ein stiller Mörder. Prospero 2012. Aus dem Polnischen von Barbara Samborska. 204 Seiten, EUR 12,95, ISBN 978-3-941688-21-6.
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